Artikel aus der Nummer 4 2007

G D L   K O N T R A   T R A N S N E T

Wir müssen die Eisenbahner sehen – nicht nur ihre Organisationen

Anmerkungen zu einer Debatte

Bei vielen, die sich zur linken Seite des Gegensatzes von Lohnarbeit und Kapital zählen, bestand und besteht offensichtlich die größte Befürchtung darin, dass es möglich sei, den Standes- oder Zunftcharakter der GDL (Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer) zu übersehen.

Vielfach werden insbesondere die Gefahr der »Spaltung der Gewerkschaftsbewegung« sowie die Aufkündigung des Flächentarifvertrages durch die GDL hervorgehoben. Manchmal hatte man sogar den Eindruck, dass der Streik als äußerstes gewerkschaftliches Kampfmittel, nur den DGB-Gewerkschaften, wie z.B. der Transnet (größte Eisenbahnergewerkschaft Deutschlands), erlaubt wird.

Erst nach dem Streikverbotsurteil in Chemnitz (Verbot von Streiks im Fern- und Güterverkehr) änderte sich dies ein wenig, als es nämlich um alle Gewerkschaften ging. Bis dahin war manch ein Kommentar nicht weit davon entfernt, der GDL die Rolle eines »Halunken« zuzuschreiben. Was bis jetzt allerdings durchaus im Sinne der Transnet-Führung war, die sagt: »Wir haben immer davor gewarnt, dass die GDL-Streikmaßnahmen den Beschäftigten schaden werden «. Dies alles lief nicht selten parallel mit gleichgerichteten Äußerungen von Mehdorn und Suckale (Personalchefin der DB AG) in ihren Mitarbeiterbriefen, was auf politisch linker Seite zumindest eine deutliche Abgrenzung erfordert hätte. Geht es hier doch in erster Linie um die Kollegen – nicht um die Leitungspyramide dieser oder jener Organisation. Auch wenn man bei der GDL die »Standesorganisation« hervorhebt (was sie nie verschwiegen hat), so wird damit aus der Transnet keine »Klassenorganisation«.

Drei in einem Boot

Alle drei Bahngewerkschaften, Transnet, GDL und GDBA kapitulieren vor dem Börsengang. Gerade die Reaktion des Kapitals auf die Warnstreiks der GDL (Lokführer und Zugbegleiter) hat gezeigt, dass der Börsengang der Deutschen Bahn durch ein entschlossenes Zusammengehen von GDL, Transnet und GDBA hätte verhindert werden können (und wenn er jetzt womöglich aufgeschoben wird, so ist er doch noch längst nicht aufgehoben). Zumindest wäre wahr geworden, was im »Vorwärts« vom 11.11.1921 angesichts der damaligen Bahnprivatisierungspläne, die zur »Deutsche Reichsbahngesellschaft « (DRG) führten, zu lesen war: Dass die Eisenbahnorganisationen aller Richtungen sowie die Mitglieder von Hauptbetriebs- und Hauptbeamtenrat der RBahn »in dieser Lebensfrage der deutschen Eisenbahner auch vor der Anwendung äußerster gewerkschaftlicher Mittel nicht zurückschrecken werden.«

Dies war nun nicht das Ziel der drei Bahngewerkschaften, wobei Transnet und GDBA eine Tarifgemeinschaft bilden. Der Hauptvorstand der Transnet bietet in einem Positionspapier »der Politik und dem Unternehmen weiterhin an, eine gestaltende Rolle bei der Vollendung der Bahnreform zu übernehmen.« Gleichzeitig erklärt er, dass die »Bahnreform … nie das Ziel einer Kapital- bzw. Börsenfähigkeit (verfolgte). « Dann aber wird der Börsengang nur solange abgelehnt, bis bestimmte »Grundbedingungen mit der Politik und der DB AG« geklärt sind. Norbert Hansen wendet sich an »alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG« mit der Aufforderung: »Wir brauchen eine ›Konzertierte Aktion, die das Beste für die Bahn und ihre Beschäftigten‹ erreichen will.« Die Forderung nach dem »integrierten Konzern « war lange Zeit im Sinne der Transnet gleichbedeutend mit der Forderung nach Vollprivatisierung. Das im Juli 2007 vom Bundeskabinett gebilligte Gesetz zur DB-Privatisierung wurde in diesem Sinn, obwohl es nach dem Muster der »DRG« (Teilprivatisierung) gestaltet ist, von der Transnet auch entsprechend gewürdigt – der Segen zu diesem Gesetz wurde Verkehrsminister Tiefensee auf einem Sondergewerkschaftstag in Fulda erteilt.

Aber die GDL-Führung verhält sich nicht besser. In einem Positionspapier zum »Fahrpersonaltarifvertrag« heißt es: »Die GDL hält die DB AG nach wie vor für nicht börsenreif und lehnt einen Börsengang daher zum jetzigen Zeitpunkt ab! Sollte sich der Bund als Eigentümer dennoch für einen Börsengang entscheiden, hat die Infrastruktur beim Bund zu verbleiben.« An dieser Position hat sich nichts geändert. Das letzte Privatisierungsgesetz lehnte sie aber sofort »strikt ab«.

Die GDL ist weder willens noch in der Lage, alle Eisenbahner – insbesondere mit Blick auf die niedrigsten Lohngruppen – zu vertreten, denn sie hat sich schon einmal mit einem besonderen Tarifvertrag für die Lokführer begnügt, ohne deren gewichtige Position für den Bahnbetrieb im Interesse aller Kolleginnen und Kollegen in die Waagschale zu werfen. Dabei ist zu beachten, dass die GDL die am besten organisierte Bahngewerkschaft in Ostdeutschland ist. Von einer politischen Auseinandersetzung ist sie weit entfernt – außerparlamentarischen Druck auf die Regierung möchte sie nicht ausüben, allerdings forderte sie deren Eingreifen, wobei sie ebenso abgewiesen wurde wie Mehdorn mit seinem Brief an Merkel (sie wies aber auch die Tarifvertragsforderung der GDL zurück). Das sollte man wissen, bevor über den Tarifkonflikt bei der Bahn als Konflikt zwischen Lohnarbeit und Kapital geurteilt wird. Denn dieser Konflikt ist eine Konsequenz des Börsenwahns, des Krieges um die Quote. Er wäre auch da, wenn es die GDL nicht geben würde, da mit der Frage nach dem Fahrpersonal, die Frage nach den Auswirkungen des Börsenganges auf die Eisenbahn und die Eisenbahner generell aufgeworfen wird. Der Tarifkonflikt ist vom Klassenkampf nicht zu trennen. Und hält man hier, wie durch die Transnet geschehen, entgegen, dass ja schon eine kleine Anzahl von Fahrdienstleitern genügt, um die ganze Bahn lahm zu legen, dann stellt sich die Frage, warum dies mit der Transnet nicht möglich war. Antwort: »Unsere einzige Chance lag in der Gestaltung des Reformprozesses.« (O-Ton Transnet am 9.12.2002)

Das Verhalten der Kollegen

An den Streiks waren nicht nur Lokführer, sondern auch Zugbegleiter beteiligt (u. a. in München und Hamburg), von denen nicht wenige die Transnet in Richtung GDL verlassen haben. Ein Dauerbrenner in der Diskussion war dabei, dass Norbert Hansen nicht nur an der Spitze der Transnet steht, sondern auch Vizechef des Aufsichtsrates ist. Das bedeutet für viele Kollegen, gemeinsame Sache mit dem Konzern zu machen, der seit 1993 von ihnen sinkende Realeinkommen gefordert hat. Die Transnet gehört nicht ihren Mitgliedern, sie arbeitet dem Kapital in die Hände. Eine Fotomontage, die unter dem Fahrpersonal kursierte, macht deutlich, worum es dabei geht: Abgebildet ist der Bahnvorstand, der sich gerade seine Bezüge um über 60 Prozent erhöht hat. Darüber steht in großen Lettern: »Danke Transnet!« Jedenfalls sah sich die Transnet-Führung gezwungen, eine Statistik zu führen, deren Saldo zunehmend stärker nicht zu ihren Gunsten ausfiel.

Ein weiterer Dauerbrenner in der Debatte war die zunehmende Verunglimpfung von Lokführern und Zugbegleitern, wie sie in den absolut unqualifizierten, die Berufsehre der Eisenbahner mit Füßen tretenden Behauptungen des Bahnchefs und seiner Personalverantwortlichen Suckale zum Ausdruck kamen. Die völlig aus der Luft gegriffenen Vorschläge zur Abwendung der Streikauswirkungen zeigten, dass es keine Gegenmaßnahme ähnlich derjenigen in anderen Industriebetrieben geben konnte. Die Wut der Kollegen steigerte sich deutlich – allerdings der große Streik, der deshalb mit 95,8 Prozent Zustimmung beschlossen wurde, konnte wieder vom Tisch gedrückt werden.

Außerdem hat der Tarifkonflikt die Kollegen des Fahrpersonals deutlich empfänglicher gemacht für grundsätzlichere Debatten über die Bedeutung der Gewerkschaftsarbeit, die Art und Weise ihrer Interessenvertretung, die gemeinsamen Arbeits- und Lebensbedingungen, das Streikrecht u.ä. Ein Lokführer aus Sachsen brachte es auf den Punkt: »Es ist schon nicht leicht, im Einklang mit dem deutschen Gesetzesdschungel, Arbeitnehmerrechte durchzusetzen: ›Wasser predigen und Wein saufen‹…« Und er sprach sehr weise, denn es folgten Streikverbote, die den Kollegen pausenlos zur Einschüchterung aufs Handy überspielt wurden – und schließlich trat die Justiz selbst als »Tarifpartei« auf den Plan, nachdem die Konzerne ihre zu erwartenden Profitausfälle öffentlich aufgerechnet hatten. Da musste Norbert Hansen als Transnet-Vorsitzender von seiner Absicht, die Mitglieder des von ihm geleiteten Verbandes Streikbrucharbeiten durchführen zu lassen, zurücktreten. Ansonsten hätte er eine ganz miese Figur im Rahmen des DGB und seiner eigenen Gewerkschaft abgegeben. Es reicht schon, dass die Briefaktion des Bahnvorstandes im Vorfeld der GDL-Streik-Urabstimmung zur Spaltung der Belegschaft mit Hilfe einer Erklärung jedes Beschäftigten über die Annahme des Tarifabschlusses

Lokführer sind nur konsequent

Ausgerechnet eine kleine Berufsgewerkschaft – die älteste Eisenbahnergewerkschaft, die aus dem Beamtenbund kommt und in den neuen Bundesländern ihre stärkste Verankerung hat – ist mit ihrem Streik zum Vorreiter geworden. Eine Tatsache, die für Verunsicherung in der Gewerkschaftslinken, in der Linkspartei und in der DKP sorgt. Mit der Losung »Eine Gewerkschaft – ein Tarifvertrag im Betrieb« wird der GDL die Solidarität verweigert und die Einheitsgewerkschaft und der Flächentarifvertrag als historischer Fortschritt gewürdigt. Sie folgen mit dieser Argumentation den Vorgaben der Gewerkschaftsvorstände, die den verbindlichen Charakter der Flächentarife und die Losung »Gleicher Lohn für gleiche Arbeit« längst preisgegeben haben. Die mit einer solchen Argumentation vorgetragene Kritik an der GDL gleicht der Beschwörung inhaltsleerer Formeln, die mit der Wirklichkeit heutiger Arbeitsverhältnisse und Tarife nichts zu tun haben. Solidarität aber ist nicht gebunden an eine Partei- oder Gewerkschaftsmitgliedschaft. Sie hat zur Grundlage die gemeinsamen Klasseninteressen und zur Voraussetzung die praktische Tat.

»Andererseits aber können die Gewerkschaften, wie alle Kampforganisationen des Proletariats, sich selbst nicht auf die Dauer anders erhalten als gerade im Kampf, und zwar nicht im Sinne allein des Froschmäusekrieges in den stehenden Gewässern der bürgerlich-parlamentarischen Periode, sondern im Sinne heftiger, revolutionärer Perioden des Massenkampfes. Die steife, mechanischbürokratische Auffassung will den Kampf nur als Produkt der Organisation auf einer gewissen Höhe ihrer Stärke gelten lassen. Die lebendige dialektische Entwicklung läßt umgekehrt die Organisation als ein Produkt des Kampfes entstehen.« Rosa Luxemburg: Massenstreik, Partei und Gewerkschaften.
In Gesammelte Werke Bd. 2, Berlin 1972, S.142 ■
 

von Transnet/GDBA, ganz offensichtlich auch eine Idee von ihm war. Der Rücklauf aus dem Fahrpersonal dürfte allerdings sehr gering gewesen sein. Auch wuchs die Solidarität aus den anderen Gewerkschaften mit den Kollegen der GDL.

Immerhin wurde das Kapital für eine gewisse Zeit durch die Maßnahmen des Fahrpersonals in eine recht ausweglose Lage gebracht, was diesen Kollegen nicht wenig Sympathie einbrachte. Streiks im Güter- und Fernverkehr, die nach dem zweiten Chemnitzer Urteil, dass nicht erstritten, sondern »erwartet« wurde, wieder gestattet sind, verstärken diese Ausweglosigkeit. Allerdings die Macht, die manche den Lokführern einzureden versuchen, und die momentan insbesondere auf dem ausgesprochenen Lokführermangel beruht, ist längst nicht die Macht, die das Kräfteverhältnis zwischen Lohnarbeit und Kapital grundlegend verändern könnte. Doch man kann unbedingt sagen, dass die GDL eine hohe Geschlossenheit und Streikwilligkeit ihrer Mitglieder aufweist. Wichtigstes Streikziel, in das sich nunmehr auch die Wut über erlittene Beleidigungen mischt, ist der eigenständige Tarifvertrag. Und wenn die Transnet der GDL vorwirft, dass dies bedeute, es ginge ihr nur um die Macht, dann kann man nur sagen, dass jede Gewerkschaft als einzige Macht ihre Organisation hat. Die GDL ist in der Öffentlichkeit zum Symbol des Widerstandes gegen die Verzichtspolitik der DGB-Gewerkschaften, die fälschlich mit dem Wort »Einheitsgewerkschaft « gerechtfertigt wurde, geworden.

Es stimmt durchaus (auch wenn es immer wieder belächelt wird), dass der von Transnet/GDBA ausgehandelte Abschluss der höchste in der Geschichte der DB AG ist. Doch die Transnet hat den DGB in der Frage der Bahnprivatisierung gespalten. Denn sie hat es fertig gebracht, gegen den von ihr angeregten Beschluss des DGB gegen den Börsengang zu stimmen. Und man weiß, dass Hansen auch mit dem Ausscheiden seiner Gewerkschaft aus dem DGB gedroht hat. Hinsichtlich des Flächentarifvertrages wäre zu sagen, dass der Bereich, in dem z.B. die Transnet wirkt, über den DB-Konzern hinausgeht. Übereinstimmende Tarife gibt es da nicht. So bleibt es ein überaus wichtiger Umstand, dass die GDL eben auf den inneren Zusammenhang der Arbeits- und Lebensbedingungen des Fahrpersonals aufmerksam gemacht hat. Diese Bedingungen sind der Ausgangspunkt der Sammlung des Fahrpersonals gewesen. Die Ausbeutung im Bahnkonzern im Bereich des Fahrpersonals nimmt – angefangen bei der Dienstregelung – besonders widerliche Formen an, ohne deshalb zu übersehen, dass alle anderen Bereiche nicht weniger betroffen sind. Zu vergleichen mit den Piloten sind die Lokführer nicht (auch wenn es einige unter ihnen gibt, die eine solche irrige Auffassung vertreten und von »Eliten« sprechen). Sie haben nicht diese abgehobene Position.

Die angeblichen 31 Prozent Lohnerhöhung bedeuten in Wirklichkeit, dass den Lokführern im Zuge der Bahnreform die höhere Gehaltsgruppe genommen wurde, die sie hatten. Nur etwa 15 bis 19 Prozent von ihnen verfügen noch im Rahmen des Bestandsschutzes über die Gruppe 9. Das ändert sich auch dadurch nicht, dass die Transnet/GDBA die Eingruppierungsfrage neu verhandelt. Das Fahrpersonal sagt – wie die anderen Eisenbahner auch: »Wir haben in den letzten Jahren genügend verzichtet – auf Geld, auf Freizeit, auf Urlaub u.a., aber wir haben verzichtet, um unsere Arbeitsplätze zu erhalten, nicht damit die Erfolgsprämien für den Börsengang ins Astronomische wachsen.« Von der Transnet wird mit Hass gesprochen, Hass auf eine Führung, die die Eisenbahner ausgeliefert hat, die einer Verschlechterung der Bedingungen für das Fahrpersonal zugestimmt hat.

Alle Handlungen und Entscheidungen haben ihre eigenen Konsequenzen

Es ist eine alte Erfahrung, dass auch eine Bahngewerkschaft im Lohnkampf langfristig nur Erfolg hat, wenn sie an die Stelle der Berufsorganisation die Klassenorganisation setzt –um diese Einheit des Handelns, die die Unterstützung des Schwächeren durch den Stärkeren einschließt, geht es. Heute gilt dies doppelt, denn der eigentliche Hintergrund des Geschehens bei der DB AG ist ja die Bahnprivatisierung, deren Auswirkungen z.B. in dem von der Transnet-Führung ungeliebten – und daher weitgehend verhinderten – Dokumentarfilm »Bahn unterm Hammer« sehr anschaulich geschildert werden. Aber der Börsengang war kein Thema des Tarifstreites. Obwohl ihm natürlich höhere Abschlüsse schaden und obwohl ihm eine starke kämpferische Gewerkschaft ebenfalls enorm schadet. Die GDL sollte platt gemacht werden, insbesondere deshalb, weil sie zum Sammelpunkt für Widerstand gegen die Übergriffe des Kapitals wurde. Das war vor allem eine Leistung der Mitglieder. Wer im Internet das »Bahnerforum« aufsucht, kann sich davon schnell überzeugen. Er wird allerdings auch sofort auf alle Schwachstellen stoßen, die es in der GDL gibt.

Und so bleibt den klassenbewussten Gewerkschaftern unter den Eisenbahnern die Aufgabe, den Kampf des Fahrpersonals, der selbstverständlich das materielle Interesse im umfassenden Sinn zum Ausgangspunkt hat, mit dem Widerstand gegen den Börsengang (nicht nur bei der Bahn) zu verbinden. Denn vielen Kollegen gab es zu denken, dass das von Transnet/GDBA erzielte Tarifergebnis schon vorher als ziemlich sicher galt – obwohl betont wurde, dass es sich um die »schwierigsten Verhandlungen« gehandelt habe. Schließlich entsprach der von Hansen ausgerufene Streik, in dem auch ein Stellwerk für mehrere Stunden »besetzt« wurde, der Wut und dem Zorn der Eisenbahner, war aber auch ein Mittel, um vom Geschehen um den Börsengang abzulenken. Zu auffällig ist der Zeitplan im Zusammenhang mit dem Gewerkschaftstag in Fulda, auf dem Erfolg verkündet werden musste. Und so setzen sich die klassenbewussten Gewerkschafter unter den Eisenbahnern dafür ein, dass die Kollegen des Fahrpersonals an der Spitze für einen gemeinsamen Kampf der Eisenbahner stehen.

Denn unbestritten ist, dass die gewerkschaftliche Zersplitterung der Eisenbahner, die bis zum wechselseitigen Streikbrechertum gehen kann, nicht den Eisenbahnern dient. Aber ebenso unbestritten ist, worauf schon Friedrich Engels verwies, dass sich die Gewerkschaften in Zeiten, in denen von Profitsteigerungsraten um mehrere hundert Prozent die Rede ist, gegenüber dem Kapital schadlos mit ihren Forderungen halten müssen. Denn das kapitalistische Lohngesetz ist elastisch – vor allem nach unten. Und so bleibt festzuhalten, dass auch der Tarifkonflikt bei der Bahn zeigt, dass die Gewerkschaften nicht einer siegreichen Machtentfaltung, sondern wachsenden Schwierigkeiten ihrer Bewegung entgegengehen.

Das bedeutet nicht, den Kopf in den Sand zu stecken oder auf die Gewerkschaften zu verzichten, sondern fordert zur politischen Aktion heraus, die den ökonomischen Kampf ergänzt und unterstützt. ■